Montag, 9. November 2009

Reconquista

"Im Schatten der zunehmenden sozialen Ausdifferenzierung zeigen sich neue religiös-fundamentalistische Gruppierungen auf dem Markt der religiösen Möglichkeiten. Bereits 2003 wurde auf dem Trierer Bildungskongress Die ewige Wiederkehr des Religiösen die Entwicklungen des Religionsmarktes am Beispiel der Deregulierung des Bildungssektors kritisch diskutiert. Damals wurden die Veranstalter von SozialwissenschaftlerInnen und vor allem von VertreterInnen der säkularen Szene müde belächelt. Der Tenor lautete: wir gehen dem Zeitalter der Religionslosigkeit entgegen, was kann uns da die Religion noch anhaben? Um es auf den Punkt zu bringen: alles.
Keinesfalls, und dies zeichnet sich immer deutlicher für die nächsten Jahrzehnte ab, haben wir es mit einem Verschwinden von Religiosität/Spiritualität aus dem öffentlichen Raum zu tun. Ganz im Gegenteil. Die Lobbyarbeit der Kirchen, aber auch der neuen religiösen Bewegungen in Europa und Deutschland, fallen auf fruchtbaren Boden. Die Demokratisierungswelle ist längst von einer Reconquista durch religiös-fundamentalistische Bewegungen abgelöst worden. Somit rückt eine Frage in den Mittelpunkt, die nicht so ohne weiteres mit einem klaren Ja oder Nein beantwortet werden kann: Handelt es sich hierbei um eine positive Entwicklung (Pluralität der gesellschaftlichen Verhältnisse) oder um einen gesellschaftlichen Rückschritt (religiöser Fundamentalismus)? [...]"

Dies ist der Beginn meines Editorials zur Ausgabe 2/2008 des politischen Magazins MIZ (Materialien und Informationen zur Zeit). Wer mehr erfahren möchte, kann dies hier tun: www.miz-online.de